Nov 132012
 

Die letzten Posts waren eine harte Serie von Beiträgen zum Basisdiskurs Religion. Ich denke, etwas Auflockerung dazwischen wäre nicht schlecht, z.B. ein Post zum Thema „Wunder“.

Es könnte sein, dass der eine oder andere meiner Leser meine hitzige Diskussion zu diesem Thema auf einem anderen Blog mitbekommen hat, in deren Verlauf es dann um so exotische Sachen ging wie stochastische versus chaotische Systeme. Aber keine Angst, Hier geht es nur um, wie hieß das früher so schön, Schnurren und Schwänke zu diesem Thema.

Martin von Tours

Die amüsanteste Geschichte zu diesem Thema war für mich immer die über die Wundertaten, die St. Martin von Tours nach seinem Tode bewirkte. Heutzutage ist St. Martin immer noch einigermaßen bekannt durch die Geschichte mit dem Mantel. Die traditionelle Martinsgans ist schwer im Rückgang begriffen ob ihres Kalorienüberschusses. Was nach wie vor aktuell bleibt, sind die Umzüge von Kindern im Kindergartenalter mit der Laterne. Und die werden vermutlich auch bleiben; schließlich sind Bräuche mit einem derartigen hohen Unterhaltungspotenzial für diese Altersstufe nicht besonders zahlreich.

Der heilige Leichnam

Nach seiner Mantelteilung und der anschließenden Bekehrung im Traume durch Jesus Christus wechselte Martin die Karriereleiter und wurde Bischof und anschließend Heiliger, sogar ein sehr mächtiger Heiliger.

Sein Mana, seine Wundermacht, war bekannt und, wie man noch sehen wird, gefürchtet. Als er nämlich gestorben war und sein Leichnam zu nach Tours transportiert wurde, kam das dort auch einem Bettler zu Ohren. Der hatte in dieser Stadt sein gutes Auskommen, indem er seine Gebresten vorwies und dafür Almosen einkassierte. Als er nun hörte, dass der tote Heilige in die Stadt kommen sollte, fürchtete er, von ihm per Fernwirkung geheilt zu werden (was ihn um seine Einkünfte gebracht hätte). Deshalb flüchtete er voller Panik, aber nicht schnell genug. Als er nämlich das Stadttor nach draußen passierte, wurde zum anderen Stadttor der Leichnam hereingetragen und die Wundermacht des Heiligen erwischte den Bettler noch und heilte und ruinierte ihn zur gleichen Zeit.

Die Moral von der Geschichte? Da gibt es wohl einige; Vorschläge gerne in den Kommentaren.

Kosmas und Damian

Erinnert wurde ich an diese Geschichte, als mir diese Tage eine ebenso amüsante Wundergeschichte zwischen die Finger kam, bei der es sich ebenfalls um Heilung dreht. Sie spielt im byzantinischen Reich, in einer Kirche, die den heiligen Ärzten Kosmas und Damian geweiht war. Dort wurden Kranke gebettet, damit sie im Schlaf Heilung erfahren sollten, ein uraltes Ritual, das z.B. auch im antiken Griechenland in den Tempeln des Asklepios durchgeführt wurde.

Der Gelähmte und die Stumme

Einer der Heilungssuchenden war ein Gelähmter, eine andere eine adelige Dame, die aufgrund von Depressionen ihre Sprache verloren hatte. Da erschienen dem Gelähmten eines Nachts Kosmas und Damien im Traume und sagten zu ihm:

„Wenn du gesund werden willst, dann schlafe mit der stummen Frau nebenan.“

Die Geschichte geht dann folgendermaßen weiter:

„Der Mann wachte auf und glaubte, die Erscheinung, die er gehabt hatte, sei rein seiner Phantasie entsprungen; er nahm sie weiter nicht ernst. Da erschienen ihm die Heiligen ein zweites Mal und erteilten ihm dieselbe Weisung. Aber er kümmerte sich auch dieses Mal nicht darum, in der Meinung, so etwas passe nicht zu den Heiligen.

Beim dritten Mal veranlassten sie ihn unter Drohungen, den Auftrag auszuführen. Jetzt wartete der Gelähmte Mitternacht ab. Dann kroch er ganz leise und auf allen vieren zur Frau.

Als er sich am Bett der Frau festhielt, da wachte sie auf und gewann ihre Sprache wieder: Sie schrie ein um das andere Mal auf, die Leute sollten den Missetäter beiseite schaffen.

Der Mann wollte natürlich entkommen; er sah ja schon, wie die Leute herbei stürmten. Er sprang auf die Füße und nahm Zuflucht bei dem Manne, der diese Geschichte erzählt hat und fiel vor ihm auf die Knie nieder.

Wie gut war doch der Ratschlag der Diener Christi! Der Gelähmte brachte der Stummen das Sprechen bei, und die Stumme lehrte den Gelähmten den Dauerlauf. Und wie ich von dem Zeugen erfuhr, fanden sich in der Folge die beiden Betroffenen und machten Hochzeit.

St Georg und seine Pizza

Diese Geschichte beginnt in einer kleinen, vom Einsturz bedrohten Kapelle, die dem heiligen Großmärtyrer Georg geweiht war. Aufgrund einer längeren Vorgeschichte wurde eines Tages auf den Altar als Opfergabe eine heiße Pizza niedergelegt.

Kurz darauf kamen vier Kaufleute herbei. Sie betraten die Kirche, um zu beten. Als sie die noch dampfende, wohlriechende Pizza sahen, sagten sie zueinander: Was soll der Heilige damit? Wir essen sie und brennen als Entgelt etwas Weihrauch ab. Und so taten sie.

Aber da war es ihnen unmöglich, aus der Kirche wieder hinauszukommen.

Da nahm jeder von ihnen eine Kupfermünze und legten sie vor dem Heiligen nieder. Aber auch dies half nichts. Jetzt opferten sie zusammen ein ein Goldstück und baten den Heiligen, sie wieder hinauszulassen. Aber von Blindheit geschlagen, fanden sie wiederum den Ausgang nicht. Schließlich legte jeder von ihnen eine Goldmünze nieder; sie flehten den Heiligen nochmals an und jetzt konnten sie ungehindert die Kirche verlassen.

Draußen sagten sie: „O heiliger Georgios, du verkaufst deine Pizza zu Wucherpreisen. Dir kaufen wir nichts mehr ab. Doch nichts für ungut: Verzeihe uns!“

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