Ich habe hier nun sehr lange nichts publiziert. Grund ist der, dass ich in dieser Zeit innerlich abgeschlossen habe mit meiner Zeit als „Eric Djebe“.
Seit etwa 40 Jahren arbeite, analysiere und meditiere ich am christlichen Glauben und insbesondere an seiner zentralen Achse, dem Gottesbegriff. Das Ergebnis ist sicher noch verbesserungswürdig, aber in seinen Grundzügen seit langer Zeit stabil und immer besser gesichert:
- Die totale Allmacht Gottes, des Pantokrator, als entscheidender Schritt im jüdischen Glauben während der Achsenzeit,
- die Predigt Jesu vom Gottesreich als Übersetzung dieses „Seins“ in das „Sollen“,
- die Deutung der frühen Gemeinde des Kreuzestods als Entlastung von dem allgemein menschlichen Problems des Scheiterns der Ideale (einschließlich des Gottesreiches).
Dies ist die ursprüngliche Energiequelle des Glaubens. Mein Fehler war, dass ich ihre Überzeugungskraft als unwiderstehlich einschätzt habe. Ihre Kohärenz und Luzidität, die Erkenntnis der Bibel als historische Dokumentation eines tiefen Denkprozesses und nicht zuletzt ihre spirituelle Fruchtbarkeit schien mir dem, oft so hilf- und ziellosen Gestocher der heutigen Theologie so unendlich überlegen zu sein, dass das, was ich im Verlauf dieser 40 Jahre erlebt habe, damals einfach außerhalb meiner Vorstellungskraft lag: Das absolute, andauernde und umfassende Desinteresse an all dem (mit Ausnahme einiger weniger Geistesverwandter, denen ich an dieser Stelle meinen Dank abstatte).
Ich habe das Problem während dieser Zeit bei mir selbst gesucht. Offensichtlich hatte ich in all meinen Büchern (inzwischen 5 an der Zahl), diese wunderbaren Ideen irgendwie unzulänglich dargestellt, zu wenig wissenschaftlich, zu weit weg von der Dimension des persönlichen Erlebens, zu wenig allgemeinverständlich, witzig, reisserisch, objektiv oder was auch immer.
Falsch.
Im meist freundlichen Chor der Lektoren (von denen sich einige jahrelang bemüht haben, meine Schriften im Programm ihres Verlags unterzubringen, auch ihnen hier meinen herzlichen Dank) gab es immer diesen basso ostinato: Wo ist die Zielgruppe? (So auch bei den 30 Verlagen, die ich mit meinem letzten Manuskript kontaktiert habe)
Wie bitte?
Müsste es nicht eine große Anzahl Gläubiger geben, die begeistert den klaren, kalten Trunk aus den Quellen begrüßen würden, anstatt zweitausend Jahre weiter unten in den abgestandenen Gewässern des heutigen Unterlaufs dieser Religion nach den letzten Resten unserer christlichen Sozialisation zu fischen?
Nö, überhaupt nicht.
Und müsste nicht auch einige von den Fernstehenden die heute übliche Außensicht des Christentums auf dem Niveau des Spiegel oder der Krawallgruppe des Neuen Atheismus anöden? Müsste sie nicht der Verdacht beschleichen, dass eine dermaßen platte und dümmliche Religion, wie sie dort geschildert wird, niemals auch nur über die Vorstädte von Jerusalem hinausgekommen wäre? Und könnte es sie nicht interessieren, was das Wesen dieser absterbenden Tradition ausmacht, die für so lange Zeit unseren Kulturkreis bestimmt hat?
Das schon gleich gar nicht.
Und irgendwann, nach 40 Jahren, 5 Büchern, 50 Absagen und dem Ende meiner Finanzen, kapiere sogar ich das. Es ist vorbei.
Verbitterung? Doch auch, wie eben gezeigt. Aber auch im Rückblick sehe ich nicht, wie ich anders hätte handeln können. Hätte ich meine Erkenntnis nicht weiter verfolgen sollen? Hätte ich mich damit zufrieden geben sollen, sie für mich zu behalten, anstatt alles daran zu setzen, sie meinen Mitmenschen zu vermitteln?
Nein. Zwar völlig, grundlegend und in jeder Hinsicht vergeblich, ich habe einen guten Kampf gekämpft, den bestmöglichen an der Stelle, an der ich mich nun einmal gefunden habe. Ich habe richtig gehandelt. Und manchmal beziehe ich auch die Beschreibung auf mich eines Menschen, der
soul de son sang, prefererait on somme
la douleur a la mort, et l’enfer au neant.
(angeben immer am besten in einer Fremdspache) Also, mit Würde:
Goodbye, Eric Djebe
P.S. Dieses Schiff fährt einem neuen Kontinent entgegen. Ich arbeite daran, möglichst viel von den spirituellen Schätzen dieses Glaubens aus seinem unbrauchbar gewordenen religiösen Kontext herauszubrechen und als rein meditative Technik zu entwickeln. Ein erster Kurs ist unterwegs, die erste Sitzung hat bereits stattgefunden. Aber das ist eine andere Geschichte.
Es gibt viele „last stands“. Sie leben von einem überwältigenden Sinn, einer Parteilichkeit für etwas, was man als kostbar erfahren hat.
Wo ist die Zielgruppe?
Das eigene Herz.
Das Schiff fährt. Die Flaschenpost, die es hinterläßt gibt es wohl noch als BoD.