Mrz 132012
 

Basisdiskurs Religion IV

Vor einiger Zeit startete das deutsche Handwerk eine Werbekampagne mit dem Leitspruch: „Am Anfang war Himmel und Erde, den ganzen Rest haben wir gemacht.“ Zur Illustration wurden ein paar Plakate aufgelegt, auf denen diverse Paare im angeblichen Steinzeitlook das Elend einer Welt ohne Technik demonstrieren. Interessant ist dabei vor allem die Mimik der Darsteller, mit der sie dieses Elend signalisieren. Es ist nicht Hunger oder Krankheit, was sie projizieren, sondern absolute Desorientierung. Sie sind verloren in diesem sinnlosen Brei von „Himmel und Erde“ ohne das ordnende Gerüst der Technik.

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Mrz 092012
 

Basisdiskurs Religion III

Dies ist der erste und vielleicht schwierigste Schritt, um „Religion“ zu verstehen, ist die, den Anfang zu verstehen. Das allgemeine aufklärerische Vorurteil über die Ursprünge von Religion fasst sie als Lückenbüßer auf, als Ersatz für die mangelnde Information über die Welt, die uns Heutigen die Naturwissenschaft liefert. Ein gerne gebrachtes Beispiel: Die Steinzeitmenschen sahen einen vom Blitz gefällten Baum und fantasierten sich einen zuständigen Gewittergott zusammen, weil sie keine Ahnung von der elektrischen Entstehung der Blitze hatten. Wir wissen das (irgendwas mit Luftschichten und Reibung oder so, steht irgendwo in Wikipedia) und können deshalb die Religion ad acta legen.

Mit den Tatsachen hat diese Vorstellung allerdings nichts zu tun; ich kann mich spontan auf keine einzige Sage von Jäger- und Sammlergesellschaften besinnen, in der Blitze oder ähnliches irgend eine Rolle spielen. Diese Geschichten funktionieren ganz anders.

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Mrz 062012
 

Basisdiskurs Religion II

Was unterscheidet die Theologie, wörtlich übersetzt die „Wissenschaft von Gott“ von anderen Wissenschaften? Es gibt viele Antworten auf diese Frage, fromme, freundliche und feindliche. Zu Beginn meines Unternehmens, der systematischen Rekonstruktion des Glaubens in einer Reihe von Posts,  lohnt sich ein kurzer Blick auf diese Frage aus der Sicht der Wissenschaftstheorie

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Mrz 032012
 

Basisdiskurs Religion I

Das Christentum ist, wie andere Weltreligionen, eine mentale Technik zur Bewältigung und Optimierung des Lebens. Dahinter steht, wie bei anderen Weltreligionen, die Vorstellung, dass die Menschen von ihrer Natur her zunächst einmal unfähig sind, ein geglücktes Leben zu führen und eben diese Technik benötigen, um die Hindernisse zu einem geglückten Leben zu überwinden. Und, wie bei anderen Weltreligionen, besteht ein wesentlicher Bestandteil dieser Technik in einer bestimmten Betrachtungsweise der Welt.

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Feb 282012
 

Da ich in einem der nächsten Blogs meinen „Grunddiskurs Religion “ beginnen werde, wollte ich zuvor eine andere Stimme hören lassen. „cydonia“ ist ein hartnäckiger atheistischer Kommentator, der über manche Strecken meine Art zu denken wiederspiegelt, nur eben auf der anderen Seite. Ich habe ihn deshalb gebeten, mir zum einen Beitrag zu schreiben. Diesen hier. Vielen Dank auch!

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Feb 232012
 

Wenn ich in einer Geschichte des Mittelalters blättere, merke ich wieder einmal, wie sehr allgemeine Klischees über eine bestimmte Epoche auch mich gefangen nehmen, der es eigentlich besser wissen müsste. Die allgemeine Vorstellung dieser Zeit kreist vor allem um Begriffe wie Hunger, Seuchen, Unwissenheit, Unterdrückung und insbesondere Stagnation des Geisteslebens. An diesem Stillstand war  natürlich vor allem die Kirche zu schuld, die jeden auf den Scheiterhaufen brachte, der daran zweifelte, dass die Erde flach, der Papst unfehlbar und häufiges Baden sündhaft ist.

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Feb 182012
 

Immer wieder flackert in der öffentlichen Diskussion der Streit darüber auf, ob die Grundwerte unserer Gesellschaft ohne das Christentum überlebensfähig sind, so etwa nach dem Motto „Wer an nichts glaubt, wird irgend wann einmal eine Bank überfallen, weil dann sowieso alles egal ist.“ Dazu habe ich ein hübsches Zitat eines Augenzeugen gefunden, der bei einer Rede Napoleons dabei war. Gehalten wurde sie nach der Eroberung Berlins durch die französischen Truppen, Addressaten waren die Geistlichen dieser Stadt:

Der Kaiser begann mit der Ermahnung, wir sollten mit unserem Gottesdienst fortfahren und dabei darauf achten, mehr über die Moral als über die Dogmen zu predigen, und vor allem sollten wir dazu auffordern, der Obrigkeit zu gehorchen, der man untertan sei, und denjenigen hoch zu achten, den man zu diesem Zeitpunkt als Souverän zu betrachten habe.“

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Feb 142012
 

Es gibt eine alte skandinavische Schelmengeschichte, die vermutlich auch in anderen Kulturen vorkommt. Sie erzählt von einem Bettler, der an einem Bauernhof vorbeikommt und die Magd dort um einen Topf mit kochendem Wasser bittet. Mehr brauche er nicht. In seinem Sack sein nämlich ein Stein, den man nur auskochen müsste, um eine wunderbare Suppe zu bekommen.

Die Magd ist natürlich neugierig und stellt den Kessel aufs Feuer. Der Mann holt ein Bündel aus seinem Sack, wickelt es vorsichtig aus. Tatsächlich, ein Stein. Der Bettler lässt ihn behutsam ins Wasser gleiten.

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Feb 092012
 

Ich habe bereits einmal über die republikanischen Vorwahlen in den USA und insbesondere über den Kandidaten Rick Santorin gebloggt. Im Moment ist der Wahlkampf zu einem Rennen zwischen einem fundamentalistischen Katholiken – Santorin – und einem Mormonen – Mitt Romney – geworden. Das hat die öffentliche Aufmerksamkeit wieder auf die Mormonen und ihre Religion gelenkt. Wie bei der öffentlichen Aufmerksamkeit so üblich, konzentriert sie sich auf einige Schrulligkeiten, z.B. auf die inzwischen weitgehend abgelegte Polygamie und die Tatsache, dass die Gläubigen eine bestimmte Art Unterwäsche tragen.

Was mich aber daran vor allem interessiert ist die Tatsache, dass diese Religion viele heutige Christen ziemlich in die Bredouille bringt – wenn sie es denn merken würden.

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Feb 052012
 

Am Ende meines letzten Posts habe ich angekündigt, einen Überblick über die vielen unterschiedlichen Positionen oder Blickwinkel zu geben, von denen aus ich hier in meinem Blog argumentiere. Ich habe damit begonnen, aber bald festgestellt, dass mir die Sache zu abstrakt geworden ist, dass sie zu wenig mit meinen eigenen Gedanken und Standpunkten zu tun hatte. Ich verschiebe deshalb das Unternehmen auf später (vielleicht auf sehr viel später). Stattdessen möchte ich ein wenig von meinen eigenen, persönlichen Gedanken sichtbar machen und beginne mit einem Text, den ich vor langer Zeit geschrieben habe.

Er behandelt die Frage: Warum nicht einfach tun, was gut und richtig ist? Wenn ich es z.B.  christlich formuliere: Warum nicht einfach z.B. nach dem Gesetz der Nächstenliebe handeln?

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