Basisdiskurs Religion XV >>>mehr
In der Diskussion zu meinem letzten Post (siehe hier) habe ich versprochen, mich noch einmal näher auf Gott, die Stochastik und ähnliche theoretische Fragen einzulassen. Ich habe aber das Gefühl, ich sollte erst einmal eine kleine Meditation dazwischen schieben darüber, was ich hier eigentlich mache.
Ein sehr kluger Leser meines Blogs hat mir den Tipp gegeben, meinen Hang zu anschaulichen Beispielen und Vergleichen etwas zu zügeln, da sie meist den Leser eher veriwirren als ihn aufzuklären. Trotzdem möchte ich jetzt erst einmal über den Frisbee reden.
Werfen und fangen
Ab und zu sieht man ihn ja noch in den sommerlichen Parks der Großstadt, den Frisbee, diese Plastikscheibe, die zwischen zwei oder mehr Leuten hin und her fliegt und die dabei die abenteuerlichsten Figuren beschreibt, zumindest, wenn sie von einem Könner geworfen wird. Es ist ein Spiel und es dient dazu, Spaß zu haben, das Leben ein kleines bisschen erfreulicher zu machen und insofern sollte man den Frisbee durchaus hoch schätzen.
Und jetzt wieder ein – diesmal hoffentlich nicht allzu verwirrender – Vergleich: In einem gewissen Sinn ist der persönliche Glaube an Gott wie das Fangen eines solchen Frisbees. Er kommt von irgendwo her auf den Menschen zugeflogen und der fängt ihn. Oder eben nicht. Wie so Vieles im Leben ist dieser Vorgang von großer Ungerechtigkeit. Manche tun ihr Bestes, um ihn zu fangen und schaffen es nicht, siehe die langen Jahre spiritueller Dürre bei Mutter Teresa. Andere strecken einfach die Hand aus und, siehe da, sie haben ihn.
Aerodynamik
Das, was ich zur Zeit in meinen Posts tue, ist es, diesen Glauben, dieses Konzept „Gott“ im Rahmen der Wissenschaften zu untersuchen und einzuordnen. Das ist – in etwa! – vergleichbar damit, dass jemand die Aerodynamik des Frisbee untersucht. Offensichtlich ist das nicht das, wofür der Frisbee erfunden wurde; sein Sinn besteht darin, geworfen und gefangen zu werden. Und wenn ich meine ganze Zeit darauf verwende, nur seine Eigenschaften zu untersuchen anstatt ihn zu werfen, werde ich seinen eigentlichen Zweck verfehlen.
Zurück zu „Gott“: Vor allem sollte ich nicht vergessen, dass das, was ich hier tue, nicht dem eigentlichen, ersten Sinn dieser Idee entspricht, die in meinem Leben Fuß fassen und es verbessern sollte. Dennoch haben diese Untersuchungen ihren eigenen Wert.
Erstens sind sie mir ein persönliches Bedürfnis. Ich möchte einfach wissen, wie das alles zusammen passt. Und sie sind für mich ein Ausdruck des Vertrauens in das grundlegende Konzept „Gott“. Allzu oft verbirgt sich hinter der Weigerung, die Grundlagen des Glaubens zu durchdenken, die Furcht vor dem möglichen Ergebnis: Dass das alles überhaupt keinen rechten Sinn macht.
Zweitens sind sie eine Antwort auf die platteren Auswüchse des Atheismus, nach denen der Glaube an Gott schon einmal prinzipiell blödsinnig, unwissenschaftlich, abergläubig usw. ist und lediglich aus einer massiven Volksverdummung entspringt.
Dies wäre in etwa vergleichbar mit der Behauptung, dass der Frisbee überhaupt nicht richtig fliegen kann, dass die Leute ebensogut ein Buch oder irgend etwas Vergleichbares werfen könnten und dass sie diese Tatsache nur aufgrund einer systematischen Verblödung nicht erkennen können (Das entspricht in etwa der Position von Dawkins, Hitchens & Co gegenüber dem Gottesglauben). Gegen eine solche Überzeugung hilft nur eine systematische Darlegung der aerodynamischen Flugeigenschaften des Frisbee. Natürlich können und werden seine Gegner ihn immer noch abscheulich finden und nach seiner Abschaffung rufen. Aber sie werden dafür andere Argumente bringen müssen.
Vielleicht eine Klärung
Vor allem aber scheint es mir dringend nötig, einige Fundamente in den Morast einzubringen, in dem der Gottesbegriff zur Zeit versinkt und aus dem er vielleicht nie mehr auftauchen wird. Eben lese ich in dem bekannten Qualitätsblatt der Süddeutschen Zeitung einen Artikel über Glücksforschung, nach dem weltweit die zufriedensten Menschen in Dörfern wohnen und an Gott glauben. Zum Beweis wird das Land Bhutan im Himalaya herangezogen.
Ja? Wirklich? Hallo? Jemand zu Hause? Diese Leute sind bekanntlich Buddhisten und glauben an nichts, was man ehrlicherweise mit dem Namen „Gott“ belegen könnte. Aber das ist inzwischen wirklich ganz und gar egal. Wenn es um Gott geht, ist es völlig ausreichend, eine Dosis Rhizinusöl zu kippen, die Hosen herunter zu lassen, den Hintern über die Tastatur zu hängen und den Dingen ihren Lauf zu lassen. Das Wort „Gott“ irgendwo in diesem Erguss ist das Signal dafür, dass nichts davon ernst zu nehmen und alles dem völligen Belieben des Schreibers und des Lesers anheim gestellt ist (Eric Djebe entschuldigt sich für diesen Ausbruch, aber manchmal bekomme ich einfach zu viel).
Sicher ist es ein sinnloses Unterfangen, aber manchmal muss man auch sinnlose Dinge tun: Scharf und klar die Grundlagen und das Wesen des altjüdischen Monotheismus erforschen und definieren. Unter anderem in der Hoffnung, dass es dazu beiträgt, dem Begriff „Gott“ Umrisse und Grenzen zu verleihen und ihn vor der völligen Beliebigkeit zu retten.
Der nächste Post des Basisdiskurses trägt den Titel „Kann Gott die Naturgesetze ändern?„. Wenn Sie bei seinem Erscheinen benachrichtigt werden wollen, dann holen Sie sich in der rechten Spalte den RSS-Feed oder abonnieren Sie den Newsletter.
Hallo Herr Djebe, es ist Ihnen hier mit dem Frisbee ein schönes Beispiel gelungen. Allerdings muss ich mich nun fragen, inwiefern sich ein solcher Vergleich legitimiert, also indem wissenschaftlich untersuchbare Eigenschaften in einen für die Wissenschaft blinden Bereich des Glaubens hineinprojiziert werden. Bitte das „blind“ nicht missverstehen… es sollte nur meine Frage verdeutlichen, ob der Mensch nach Ihrer Darstellung das wissenschaftliche Prinzip gerechtfertigt auf Glaubensdinge übertragen darf, oder ob er es vielmehr analog dahin entführen muss, will er überhaupt zur Quelle weiterer Antworten gelangen.
Bitte entschuldigen Sie meine späte Antwort. Ich bin im Moment beruflich sehr in Anspruch genommen und komme nur unregelmäßig dazu, mich um meinen Blog zu kümmern.
Ich bin nicht ganz sicher, ob ich Ihren Beitrag richtig verstanden habe. Vielleicht ist der folgende einfache Gedanke trotzdem eine Antwort darauf:
„Ich schaffe Licht und Finsternis“, diese Selbstaussage Gottes bei Jesaia ist nicht nur symbolisch, sondern auch ganz konkret gemeint als das Licht des Tages und die Dunkelheit der Nacht, als lichter Horizont und die Düsternis schwarzer Wolken. All diese konkreten Dinge sind jetzt ja nicht nur Gegenstände des Glaubens, sondern auch der Physik, der Metereologie usw. Und deshalb stellt sich die legitime Frage, in welchem Verhältnis diese Betrachtungsweisen zu einander stehen, die religiöse und die wissenschaftliche. Man muss diese Frage nicht stellen, sollte sie aber auch nicht von vorne herein für unzulässig erklären. Und wenn es eine Antwort darauf gibt, warum sollte man sie dann nicht auch formulieren?
Ich verfolge Ihre Diskurse schon länger und mag Ihre Wutausbrüche. Ein ganz übler Vorschlag, der vielleicht völlig unter Ihrer Würde ist aber: So wie der Buchmarkt funktioniert („Hummeldumm“ und so) würde: „Die atheistisch-esoterische Ökomumene des Gehirndurchfalls“ vielleicht doch verkäuflich sein als eine Sammlung der grausigsten Beispiele.
Oh, Ökomumene! Was für eine Wortschöpfung! Freud und so.