Mai 082012
 

Basisdiskurs Religion XIII >>>mehr

Ich bin gerade voller Hektik dabei, eine Reihe von Posts vorzubereiten, da ich in wenigen Stunden einen neuen Job antrete, der mich erst mal massiv in Beschlag nehmen wird. Deshalb habe ich aus Versehen zuerst den falschen Post veröffentlicht. Tut mir leid! Hier also erst mal der richtige:

Angenommen, ein Wissenschaftler würde einen Forschungsantrag stellen, der etwa so beginnen würde: „Ich will eine einheitliche naturwissenschaftliche Theorie erarbeiten, die eine riesige Menge von Meßdaten systematisiert.“

Und auf die Frage, woher diese Meßdaten stammen, würde er eine merkwürdige Antwort geben.

Die unbrauchbaren Messstationen …

Er meint, diese Daten würden von einer großen Anzahl von Messstationen stammen. Diese Stationen würden optische, akustische, haptische und sonstige Signale empfangen und in einer Recheneinheit verarbeiten. Allerdings würden diese Rechner nicht immer alle Signale registrieren, genau genommen, eigentlich die wenigsten. Ferner wären die Recheneinheiten oft unsicher in der Interpretation dieser Signale. Die daraus resultierenden Verfälschungen könne man auch kaum herausrechnen, weil sie keinem Muster folgen. Außerdem würden sich diese Messstationen frei umherbewegen und sich im Durchschnitt jeden Tag für eine wechselnde Anzahl von Stunden selbst abschalten. Ach ja, und alle Messergebnisse würden durch sogenannte „Emotionen“ beeinflusst. Und …

An etwa diesem Punkt, wenn nicht schon vorher, würden die Gutachter den Antrag in den Papierkorb feuern. Vielleicht würde ein besonders Geduldiger unter ihnen dem Antragsteller empfehlen, aus diesem Wust unzusammenhängender und unzuverlässiger Daten einen Teilbereich herauszufiltern und zu systematisieren. Da würde dann vielleicht echte wissenschaftliche Arbeit beginnen.

… das sind wir

Ich hoffe, es ist klar geworden, dass ich mit diesen Messstationen uns Menschen und unsere Wahrnehmung der Welt gemeint habe. Und der Vorschlag des geduldigen Gutachters ist genau das, was die Naturwissenschaften von Anfang an getan haben: Bestimmte Bereiche unserer Erfahrungen isolieren, von störenden Einflüssen abschirmen, die in diesem Bereich gemachten Beobachtungen systematisieren und darauf eine Theorie aufzubauen. Aber eine solche, umfassende Theorie für die Gesamtheit der Erfahrungen eines Menschen gibt es nicht und wird es nie geben, das wäre eben die Theorie aus dem abgelehnten Forschungsauftrag. Da ich noch öfter auf diese Gesamtheit der Erfahrungen eines Menschen zurückkommen werde, brauche ich einen griffigen Namen dafür und nenne sie das Experiversum.

Dies ist offensichtlich ein schillernder Begriff. Einerseits leben die einzelnen Menschen jeweils in ihren eigenen Experiversen, die sich stark voneinander unterscheiden können, andererseits weisen ihre Experiversen auch charakteristische Gemeinsamkeiten auf, so dass man ganz allgemein von dem menschlichen Experiversum sprechen könnte. Solange ich aber diese Zwiespältigkeit im Auge habe und darauf achte, dass ich daraus keine falschen Schlüsse ziehe, ist sie weiter kein Problem.

Experiversum und Wissenschaft

Wenn ich mir nun wieder auf die Gottesaxiome zurückkomme, die ich in meinem letzten Post eingeführt habe, so habe ich am Schluss des Posts zwei Fragen gestellt. Die erste war die nach dem Anwendungsbereich der Axiome. Hier ist also die Antwort: Es ist das Experiversum, die Gesamtheit der Erfahrungen eines Menschen.

Die zweite Frage war die, ob die Gottesaxiome die wissenschaftliche Fragestellungen und Lösungen behindern oder sogar verhindern könnten, da sie ja alles Geschehen der Wirkung Gottes zuschreibt. Tatsächlich kenne ich selbst keinen einzigen solchen Fall. Angriffe auf die Naturwissenschaften kamen aus einer wörtlichen Interpretation der Bibel, z.B. in ihrer Schöpfungsgeschichte und aus ähnlichen Ecken. Wenn es klar ist, dass die Gottesaxiome als Anwendungsgebiet das Experiversum haben, so kann es deshalb keinen Konflikt mit der Naturwissenschaft geben, eben weil es nie eine solche Theorie geben wird, die das gesamte Experiversum umfasst.

Mission erfüllt?

Damit könnte ich erst einmal zufrieden sein. Ich bin es aber nicht. Ich habe nun zwar das Anwendungsgebiet der Gottesaxiome, nicht aber die Anwendung selbst. Wieder in meinem letzten Post bin ich zuerst einmal davon ausgegangen, dass ich diese Anwendung als black box im Kopf des Gläubigen angesehen habe; vermutlich gibt ihm das irgend etwas, aber was das sein soll, davon lasse ich erst einmal die Finger. Nun, da ich das Experiversum als den Anwendungsbereich definiert habe, kann ich im als nächstes untersuchen, welche Rolle darin die Gottesaxiome spielen.

Im nächsten Post.

(In einem späteren Post hat sich noch einmal eine intensive Diskussion über das Experiversum ergeben. Hier der Link dorthin.)
Der nächste Post des Basisdiskurses trägt den Titel „Der Würfel, das Wetter und der Bus„. Wenn Sie bei seinem Erscheinen benachrichtigt werden wollen, dann holen Sie sich in der rechten Spalte den RSS-Feed oder abonnieren Sie den Newsletter.

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