Mrz 082014
 

Ein kurzer, aber wichtiger Post dazwischen, über etwas, das mir heute Morgen aufgefallen ist.

Die anderen haben es. Und wir?

Es gibt kein Urbild, keine Imago des christlichen Menschen. Abgesehen vom Islam, der sein Design auf der arabischen Schrift aufbaut, haben andere Religionen durchaus ihre zentrale Ikonografie des Menschen.

Im Buddhismus ist es offensichtlich der Buddha selbst, lächelnd, mit geschlossenen Augen, meist in Meditiationshaltung. Die Beispielhaftigkeit dieses Bildes leuchtet sofort ein, wenn man buddhistische Mönche beim Meditieren sieht. Ebenso zeigen die Bilder des Konfuzius das Ideal: Einen gelassenen, nachdenklichen und trotzdem pragmatischen Menschen.

Für uns Christen sieht es da schlecht aus. Unsere zentrale Imago ist Jesus am Kreuz und bei aller Bereitschaft zum unbedingten Märtyrertum kann dies, sollte dies nicht das anzustrebende Ideal eines Gläubigen verkörpern (und wo es das tat, waren die Folgen oft unheilvoll). Woher kommt das?

Das Ziel ist der Weg, leider

Der Grund dafür liegt im tiefsten Wesen des Christentums. Angefangen beim nachexilischen Monotheismus über Jesus, den Christus und Gekreuzigten bis zum Heiligen Geist, der auf die Apostel niederkommt, ist des das Merkmal dieser Religion, dass sie von außen nach innen geht, dass der Ausgangs- und Schwerpunkt außerhalb, draußen in der Welt oder auch droben im Himmel ist dass sich der Gläubige nur über die Interaktion mit diesen Vorstellungen definiert und den ersten Ansatz nicht in sich selbst und seinen Qualitäten sucht (wenn, dann eher in seinen Defiziten, die nach einer Ergänzung durch Gott verlangen).

Es ist wahrscheinlich, dass diese grundlegende Strategie des Christentums in unserer Zeit zunehmend ineffektiver wird. Die Gedankenwelt unserer Kultur hält die Grundlagen nicht mehr vor, aus denen diese äußeren Anhaltspunkte, von denen her so etwas wie Gott auch nur probeweise gedacht und gefühlt werden könnte. Und die spezielle christliche Sozialisation, die diese Grundlagen noch fortgeschrieben hat, bröckelt rapide ab. Das ist wohl der Ursprung dessen, was mit dem Schlagwort der Gottesverdunstung gemeint ist.

Ich bin nun der festen Meinung, dass der zentrale Bezug auf etwas außerhalb von mir, auf Gott, auf Christus, auf den Geist gerade heute ein kostbares Angebot an die Menschen ist und dessen Kostbarkeit gerade darin liegt, dass es immer schwerer realisierbar ist. Diese Schwierigkeit ist nämlich das Symptom eines immer massiveren, tief liegenden Defizits unserer Gedanken- und Gefühlswelt. Und das Alte, Ferne, Überholte ist vielleicht gerade das, was in dieser Situation nötig wäre.

Was tun?

Wenn es noch einen Weg gibt, dann muss er vom Menschen zu Gott führen und dann darf er nicht nur von den Defiziten des Menschen ausgehen, sondern er muss ihn zuerst einmal ermächtigen. Er muss ihm eine tiefe Kraft zusprechen und ihm helfen, sie in seinem Inneren zu finden und zu nutzen: die Kraft, diesen Weg zu finden, die Kraft, die eigenen Defizite zu erkennen und zu überwinden oder auch mit ihnen ein volles Leben zu führen.

Also: Ausgangspunkt sei der Mensch und seine Kraft. Welche Kraft? Wie sieht der Mensch aus, der diesen Anfangspunkt verkörpert? Benennen kann ich das vorläufig nicht, aber das habe ich auch nicht behauptet. Ich möchte zuerst nur ein Bild finden, das diesen Menschen illustriert und ich habe ein ziemlich gutes gefunden.

Fra Angelico

Ich spreche von der Verkündigungsszene dieses Malers:

annunziata
Es ist die einzige Darstellung, die ich kenne, in der so etwas wie Zuwendung und Erkenntnis zwischen dem Engel und Maria hin und her geht. Der Engel stehe hier für die Gesamtheit der äußeren Bezugspunkte des christlichen Glaubens, für Gott etc. Dann sieht die traditionelle Vermittlung dieses Glaubens etwa so aus:

engel
Da steht dort irgendwo draußen etwas namens Gott, das sieht so und so aus und wartet, darauf, dass du es zur Kenntnis nimmst, mit ihm interagierst, seine Gebote hältst usw.

Ich sage, wir müssen mit der anderen Seite des Bildes beginnen:

maria
Es ist diese subtil dynamische Verbindung zwischen Kontemplation (die Sitzhaltung, die gekreuzten Hände) und der nach außen gerichteten Kopfhaltung, den forschenden Augen und der unbedingten Bereitschaft, das Gefundene zu akzeptieren und es in das eigene Leben aufzunehmen. Ich könnte hier noch stundenlang auf meiner Tastatur weiter meditieren: Über die Kraft, die diese stille, aber unbeirrte Gewaltlosigkeit ausstrahlt, über die Unbedingtheit dieses leisen Blicks. Aber damit erst einmal genug.

Wie zu dieser Haltung finden? Wie sie mit Leben füllen? Und wie von ihr aus mit der Suche beginnen?

 Übersicht aktuelle Posts (Voriger/nächster Post siehe unterste Zeile)

Wenn Sie beim Erscheinen neuer Posts benachrichtigt werden wollen, dann holen Sie sich in der rechten Spalte den RSS-Feed oder abonnieren Sie hier den Newsletter.

 Hinterlasse eine Antwort

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

(required)

(required)